Sichere Software beginnt beim Code – aber nicht nur dort

Einleitung: Sicherheit als Bestandteil des gesamten Entwicklungsprozesses

Wenn von sicherer Softwareentwicklung die Rede ist, denken viele zuerst an sichere Programmierung: keine Buffer Overflows, keine SQL-Injections, keine hartcodierten Passwörter. Doch wer Software wirklich sicher machen will, muss weiterdenken.

Denn Sicherheitsprobleme entstehen nicht allein durch falschen Code – sie entstehen durch schlechte Prozesse, fehlende Strukturen, unzureichende Werkzeuge und mangelndes Bewusstsein.

Dieser Beitrag zeigt, wie moderne, sichere Softwareentwicklung funktioniert. Nicht als punktuelle Maßnahme, sondern als durchdachtes Gesamtsystem. Denn Sicherheit beginnt beim Code, aber endet dort längst nicht.


Warum sicherer Code nicht reicht

Fehlerhafte Software entsteht nicht, weil Entwicklerinnen und Entwickler nachlässig arbeiten. Sie entsteht durch Druck, fehlende Vorgaben oder unzureichende Kommunikation. Sicherheitsprobleme sind oft die Folge:

  • von unsystematischen Anforderungen,
  • von fehlenden Peer Reviews,
  • von zu wenigen Tests,
  • oder vom Einsatz unsicherer Bibliotheken ohne Kontrolle.

Selbst der beste Entwickler kann unter solchen Bedingungen keine rundum sichere Software schreiben. Die Verantwortung muss daher breiter gedacht werden.


Sicherheit als Querschnittsaufgabe

Software-Sicherheit ist keine zusätzliche Schicht, die man am Ende “draufsetzt”. Sie entsteht, wenn sie über alle Phasen hinweg mitgedacht wird:

  1. In der Anforderungsanalyse: Welche Daten werden verarbeitet? Welche Risiken bestehen? Wer darf worauf zugreifen?
  2. In der Architektur: Welche Sicherheitsprinzipien gelten? Wie wird Zugriff gesteuert? Welche Komponenten sind wie abgesichert?
  3. In der Implementierung: Werden sichere Coding-Guidelines befolgt? Gibt es Standards für Authentifizierung, Verschlüsselung, Logging?
  4. In der Testphase: Wird nicht nur auf Funktion, sondern auch auf Schwachstellen getestet?
  5. Im Deployment: Werden automatisierte Scans eingesetzt? Ist CI/CD so konfiguriert, dass keine Sicherheitslücken ins Produkt gelangen?

Sicherheit ist nur dann wirksam, wenn sie von Anfang an mitgedacht wird – und wenn alle Beteiligten ihren Beitrag leisten.


Die Rolle von Prozessen und Strukturen

Sichere Software entsteht dort, wo klare, verbindliche Prozesse existieren:

  • Sichere Entwicklungsrichtlinien: Coding-Guides, Do’s & Don’ts, dokumentierte Patterns
  • Verpflichtende Code Reviews: Mindestens ein Vier-Augen-Prinzip bei sicherheitskritischen Komponenten
  • Release-Gates: Keine Freigabe ohne Sicherheits-Check
  • Patch-Prozesse: Klare Abläufe für Updates, schnelle Reaktionen auf Schwachstellen

Diese Strukturen schaffen Verbindlichkeit – und sie entlasten das Team, weil Sicherheit nicht allein auf dem Einzelnen lastet.


Der Faktor Mensch: Wissen, Bewusstsein, Verantwortung

Die besten Prozesse nützen nichts, wenn sie nicht verstanden oder gelebt werden. Deshalb ist Security Awareness ein zentrales Element sicherer Entwicklung:

  • Training: Entwickelnde müssen Sicherheitsprinzipien kennen – vom OWASP Top 10 bis zum sicheren Umgang mit Drittcode.
  • Verantwortung: Sicherheit ist nicht “Sache der IT”, sondern Aufgabe aller, die Software beeinflussen.
  • Kultur: Sicherheitsprobleme dürfen angesprochen werden dürfen. Fehler müssen sichtbar werden, um behoben zu werden.

Ein sicherheitsbewusstes Team handelt anders: es fragt nach, denkt voraus und erkennt Risiken, bevor sie zu Vorfällen werden.


Tools, die Sicherheit greifbar machen

Werkzeuge sind keine Wunderlösung – aber sie helfen, Sicherheit skalierbar zu machen. Wichtige Kategorien sind:

  • Statische Codeanalyse (SAST): Frühzeitiges Erkennen von Schwachstellen im Code
  • Dynamische Tests (DAST): Simulierte Angriffe auf laufende Anwendungen
  • Dependency-Scanner: Überwachung von Bibliotheken auf bekannte Sicherheitslücken
  • Secrets-Scanner: Verhindern, dass Zugangsdaten im Code landen
  • CI/CD-Integrationen: Sicherheitschecks als Pflichtbestandteil jeder Build-Pipeline

Richtig eingesetzt, werden diese Tools zum frühen Warnsystem – und zur Garantie dafür, dass Sicherheitsstandards auch unter Zeitdruck eingehalten werden.


Warum Reviews unverzichtbar sind

Keine Maschine ersetzt menschliche Sorgfalt. Code Reviews sind deshalb ein Schlüsselinstrument der sicheren Entwicklung:

  • Sie erkennen nicht nur technische Fehler, sondern auch Denkfehler.
  • Sie etablieren Team-Wissen, das Dokumentationen oft nicht vermitteln.
  • Sie schaffen ein Qualitätsbewusstsein, das in den Alltag übergeht.

Gerade bei sicherheitsrelevanten Komponenten sollten Reviews durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen Pflicht sein – mit klarem Fokus auf Risiken und Abweichungen vom Standard.


Security by Design: Von Anfang an mitdenken

Sicherheit lässt sich nicht nachträglich aufsetzen. Wer spät an Sicherheit denkt, muss umso mehr Aufwand betreiben, um Systeme nachzuschärfen. Deshalb gilt:

  • Bedrohungsanalysen (Threat Modeling) sind Teil der Architekturarbeit.
  • “Least Privilege” muss als Prinzip fest in die Struktur eingebaut sein.
  • Logging und Monitoring dürfen nicht fehlen, um Angriffe zu erkennen.

Security by Design bedeutet: Nicht Sicherheitslöcher stopfen, sondern Löcher gar nicht erst entstehen lassen.


Beispiele aus der Praxis

In der Beratungspraxis von Adinger zeigt sich immer wieder:

  • Unternehmen mit klaren Review- und Deployment-Prozessen haben signifikant weniger Sicherheitsvorfälle.
  • Teams, die Security Training erhalten, entwickeln nachhaltiger und mit geringerem Korrekturaufwand.
  • Der Einsatz automatisierter Code- und Dependency-Scanner spart mittelfristig Ressourcen und reduziert Projektverzögerungen.

Erfolgreiche Organisationen integrieren Sicherheit nicht als Einzelprojekt, sondern als kontinuierlichen Verbesserungsprozess.


Fazit: Sicherheit ist eine Systemleistung

Sichere Softwareentwicklung ist keine Frage von “perfektem Code”. Es ist eine Systemleistung: Prozesse, Tools, Verantwortung, Kultur. Wer nur auf den Quelltext schaut, verpasst die eigentlichen Hebel.

Die gute Nachricht: Jeder dieser Hebel lässt sich gestalten. Wer klare Prozesse schafft, Teams befähigt, Werkzeuge richtig einsetzt und Sicherheit zur gemeinsamen Verantwortung macht, erhöht die Sicherheit signifikant – und das bei gleichbleibender oder gar steigender Entwicklungsgeschwindigkeit.

Sichere Software beginnt beim Code. Aber sie entsteht nur, wenn der Blick darüber hinaus reicht.

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