Einleitung: Wenn Safety fehlt, steht alles still
In sicherheitskritischen Projekten entscheidet nicht nur die technische Funktionalität über den Erfolg. Ohne vollständigen, strukturierten und nachvollziehbaren Safety Case drohen Verzögerungen, Freigabestopps und erheblicher Mehraufwand, nicht selten in der späten Projektphase.
Ein Safety Case ist weit mehr als ein Dokument. Er ist der zentrale Nachweis dafür, dass ein System seine sicherheitsbezogenen Anforderungen erfüllt, vollständig, begründet und nachvollziehbar. Fehlt dieser Nachweis, kann ein Produkt nicht auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen werden.
In diesem Beitrag zeigen wir, warum Safety Cases so entscheidend sind, welche typischen Fehler es zu vermeiden gilt und wie der strukturierte Aufbau gelingt.
Was ein Safety Case leisten muss
Ein Safety Case dokumentiert:
- die sicherheitsbezogenen Anforderungen,
- die gewählten Maßnahmen und Umsetzungen,
- die Nachweise über Wirksamkeit und Vollständigkeit,
- die strukturierte Argumentation für die Erfüllung dieser Anforderungen.
Er ist damit nicht nur technischer Nachweis, sondern auch Kommunikationsmittel gegenüber Prüfern, Behörden, Kunden und Management.
Typische Probleme in der Praxis
- Der Safety Case wird zu spät begonnen und läuft dem Projekt hinterher.
- Die Struktur ist unklar, Bezüge zwischen Risiken und Nachweisen fehlen.
- Nachweise sind unvollständig, nicht prüfbar oder fehlen ganz.
- Es gibt keine zentrale Verantwortung – mehrere Beteiligte arbeiten parallel.
- Der Safety Case besteht aus vielen Einzeldokumenten, aber keiner konsistenten Argumentation.
Solche Defizite führen oft zu Audithinweisen, Nachfragen von Gutachtern oder im schlimmsten Fall: zum Projektstopp kurz vor SOP (Start of Production).
Wie ein vollständiger Safety Case gelingt
1. Früh starten, parallel zum Systemdesign
- Safety Cases dürfen nicht am Ende „zusammengeschrieben“ werden. Sie entstehen entlang des gesamten Sicherheitsprozesses.
2. Klare Struktur definieren
- Nutzen Sie etablierte Argumentationsmuster (z. B. GSN – Goal Structuring Notation).
- Gliedern Sie in Anforderungen, Argumente, Nachweise.
3. Verantwortlichkeiten klären
- Legen Sie fest, wer für Aufbau, Pflege und Abstimmung zuständig ist.
- Integrieren Sie Safety Case-Management in den Projektplan.
4. Nachweise systematisch sammeln
- Dokumentieren Sie Tests, Analysen und Reviews mit klarem Bezug zu den Anforderungen.
- Achten Sie auf Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit.
5. Iterative Pflege statt Einmalaktion
- Aktualisieren Sie den Safety Case bei Änderungen, nicht erst zum Projektende.
Rolle von Tools und Methoden
Ein effektiver Safety Case lebt auch von der Wahl geeigneter Werkzeuge:
- Tools zur GSN-Modellierung sorgen für visuelle Nachvollziehbarkeit.
- Traceability-Tools verknüpfen Anforderungen, Risiken, Maßnahmen und Nachweise.
- Versionskontrolle und Statusübersichten schaffen Transparenz.
Methodisch empfiehlt sich:
- Nutzung etablierter Patterns,
- Wiederverwendung validierter Bausteine,
- und kontinuierliche Reviews im Projektverlauf.
Fazit: Safety Case früh denken, Lücken vermeiden
Ein unvollständiger Safety Case ist keine Formalie, sondern ein echter Projektrisiko-Faktor. Wer zu spät beginnt oder ohne Struktur arbeitet, riskiert Verzögerungen, Auditrückläufer und technische Unsicherheiten.
Ein gut aufgesetzter Safety Case hingegen:
- stärkt die Sicherheitsargumentation,
- erleichtert Freigaben und Audits,
- und sichert die Projekttermine.
Adinger unterstützt bei Aufbau, Strukturierung, Nachweisführung und Argumentation – damit Safety keine Stopptafel wird, sondern ein Qualitätsmerkmal.
